Wahlkämpfe sind Werbeveranstaltungen, bei denen die negativen Aspekte des «Produkts» Politik schöngeredet werden.

Wie bei Waschmittelreklamen verspricht jede Partei im Wahlkampf, dass sie die nächste Bundesregierung noch weisser waschen wird. Über diese vier Themen wird daher im Bundestagswahlkampf nicht gesprochen:

1. SPD und CDU stellen zwar Steuersenkungen in Aussicht. Die Sozialdemokraten verschweigen jedoch, dass sie die Einkommensgruppen sehr unterschiedlich entlasten wollen. Ihnen geht es um Umverteilung, nicht um mehr – finanzielle – Freiheit für den Bürger. Die Union kündigt den Wegfall des Solidaritätszuschlags (Soli) bis 2030 an. Die CDU verschweigt, dass Angela Merkel gar nicht vorhat, die Steuern wirklich zu senken. Im Jahr 2030 wird selbst die ewige Kanzlerin nicht mehr regieren. Was aber ihre Nachfolger tun werden, steht in den Sternen. Ehrlich wäre also, zu sagen: Die CDU hat nicht die Absicht, den Soli in der nächsten Legislaturperiode abzuschaffen. Punkt und Schluss.
2. Die Parteien wollen die Bürger nicht entlasten, weil sie es nicht können. Die Hälfte des Bundeshaushalts wird für Sozialleistungen verwendet; deren Kürzung oder gar Streichung ist jedoch ein Tabu. Der Anteil der Sozialleistungen am Haushalt wird also weiter steigen, die Investitionen werden zurückgehen – bis die Deutschen merken, dass ein Land ohne Strassen, Brücken, Schienen auch nicht ideal ist. Und dann werden sie Schulden machen.
3. Die Arbeitslosigkeit ist dank der guten Konjunktur stark zurückgegangen. Sie könnte weiter sinken, wenn der Kündigungsschutz geringer wäre. Warum gibt es in Deutschland so viele Leiharbeiter, Beschäftigte mit befristeten Arbeitsverträgen und Praktikanten, in der Schweiz hingegen deutlich weniger? Weil es in Deutschland so kompliziert und teuer ist, eine ungeeignete Arbeitskraft zu entlassen. Für die SPD mit ihrer Nähe zu den Gewerkschaften ist dieses Thema des Teufels, für die CDU seit ihrer Sozialdemokratisierung auch.
4. Deutschland hat für die Energiewende bereits 150 Milliarden Euro ausgegeben, in den nächsten zehn Jahren werden die Kosten laut einer Studie der Universität Düsseldorf auf insgesamt über 500 Milliarden Euro steigen. Trotz dem vielen Geld ist die Emission von Treibhausgasen in Deutschland heute höher als im Jahr 2009. Dabei dachte ich immer, die teure und ineffiziente Planwirtschaft sei mit der DDR untergegangen. Hier finden Sie die Studie. ​
Wer interessiert sich schon für die Zukunftsfragen Steuern, Arbeit und Energie, wenn man über die Ehe für alle streiten kann?
Die Kanzlerin freut sich, dass sie den ideologischen Kernbestand ihrer Partei weiter aushöhlt und der Linken ihre Themen wegnimmt.
Die SPD freut sich, dass sie kurz vor dem Verglühen der grossen Koalition endlich einmal mit einer linken Mehrheit hantieren kann. Solche taktischen Spielchen machen Wahlkämpfern viel Spass. Aber bringen sie das Land voran? Lesen Sie hier den Kommentar von NZZ-Auslandchef Peter Rásonyi.