Grenzwerte rein politisch und daher mehr als fraglich?

Herstellerspezifische Grenzwerte stehen für ein ungewöhnliches Vorgehen. Diese Konstruktion weicht in mehreren Punkten von den Klimaschutzregeln für andere Sektoren ab. Anders als beispielsweise der Emissionshandel für energieintensive Branchen setzt die
Grenzwertsetzung im Pkw-Bereich nicht an den tatsächlichen Emissionen des Sektors an. Stattdessen werden die rein technischen Emissionspotenziale der einzelnen Fahrzeuge reguliert. Dieses Emissionspotenzial hat natürlich Einfluss auf die tatsächlichen Emissionen des Straßenverkehrs, lässt aber außer Acht, wie viel und auch wie ein Auto gefahren wird. Eine Auswirkung auf die eigentliche Zielgröße „CO2-Emissionen des Straßenverkehrs“ ist bei diesem
Ansatz also nur mittelbar vorhanden. Dieser Regulierungsansatz stellt damit genau genommen eher eine Vorgabe von Effizienzzielen für die Fahrzeughersteller dar als den Versuch, die Emissionsmengen des Straßenverkehrs zu regulieren.

Im Vergleich zu anderen Bepreisungen von CO2 sind diese Strafen sehr hoch. Geht man davon
aus, dass ein durchschnittliches Fahrzeug in seinem Lebenszyklus insgesamt 200.000 km zurücklegt,
dann bedeutet ein Gramm Grenzwertüberschreitung zusätzliche Emissionen von
200.000 g CO2 im gesamten Lebenszyklus des Autos – also gerade einmal 200 kg CO2 beziehungsweise
0,2 Tonnen CO2. Für das eine Gramm Grenzwertüberschreitung muss der Hersteller
aber 95 Euro Strafe zahlen. Beim vollen Strafsatz entspricht dies einer Strafzahlung von
475 Euro pro zusätzlich ausgestoßene Tonne CO2 (95 Euro/0,2 Tonnen = 475 Euro/Tonne). Im
europäischen Emissionshandel war ein entsprechendes Zertifikat gegen Ende des Jahres 2012
für knapp über 5 Euro zu haben. Die EU betrachtet für das Jahr 2020 einen Zertifikatspreis von
30 Euro als angemessen. Verglichen damit soll eine Tonne CO2 aus dem Straßenverkehr mehr
als das 16-Fache kosten.

2.8 Mögliche Alternativen zu Emissionsgrenzwerten
Auch wenn Emissionsgrenzwerte für neu zugelassene Fahrzeuge in vielen Ländern verwendet
werden, weisen sie als Instrument der Klimapolitik doch erhebliche Schwächen auf. Dazu gehört
vor allem die geringe Zielgenauigkeit aufgrund des sehr mittelbaren Einflusses auf die tatsächlichen
Emissionen des Straßenverkehrs. Zudem stehen einige Veränderungen im Verkehrssektor
bevor, die eine Weiterführung der Regulierung durch Emissionsgrenzwerte infrage
stellen. Zunächst ist aber zu beachten, dass sich ein langfristiger technologischer Wandel abzeichnet.
Es ist damit zu rechnen, dass in den kommenden Jahren die Antriebsstränge im Pkw zunehmend
elektrifiziert werden. Für diese Fahrzeuge ist die derzeitige Regulierung aber relativ schlecht geeignet, da die tatsächlich anfallenden Emissionen nicht unbedingt dem Auto zugerechnetwerden. Der Unterschied zu Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor liegt darin, dass diethermische Umwandlung von Brennstoff in Energie für das Elektroauto und für Plug-in-Hybriden Institut der deutschen Wirtschaft Köln CO2-Regulierung für Pkws zumindest teilweise im Kraftwerk stattfindet und die dabei anfallenden Emissionen dem Energiesektor zugerechnet werden. Das konventionelle Fahrzeug führt diesen Prozess in seinem Verbrennungsmotor aus, weshalb ihm die Emissionen zugerechnet werden. Die pauschale
Betrachtung eines Elektroautos als Null-Emissionsfahrzeug verzerrt daher die Bewertung zuungunsten der konventionellen Fahrzeuge. Alles in allem spricht also einiges dafür, für die weitere Klimaschutzpolitik im Straßenverkehr mögliche Alternativen zu diskutieren.

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